Freitag, 8. Juli 2011

Ich höre dir nicht zu!


Es gibt ein Sprichwort im Türkischen, das übersetzt ungefähr folgendermassen geht „Tiere verstehen sich, indem sich gegenseitig „beriechen“, Menschen verstehen sich hingegen, indem sie miteinander reden.“ Dieses Sprichwort drückt relativ gut aus, dass die Menschen sich nur verstehen können, wenn sie miteinander kommunizieren. Das nahezu ausschließlich verwendete Kommunikationsmittel der Menschen ist die Sprache. Aus diesem Grund ist es auch wichtig, dass nicht nur Muslime mit Migrationshintergrund formal auf einem zufriedenstellenden Niveau die Kommunikationssprache beherrschen. Dass eine Kommunkation z.B. mit Menschen eines Landes sonst nicht möglichst, erschließt sich aus der Logik und dass damit eine islamische Verpflichtung verbunden ist, lesen wir explizit im Koran (s. 14:4).

Wenn es auch banal klingt: Um kommunizieren zu können, muss einer sprechen und (mindestens) einer zuhören. Das sind Voraussetzung, die erfüllt sein müssen, damit eine Kommunikation und ein Dialog klappen.

Interessanterweise war dies stets auch bei der Übermittlung der Botschaft Allahs eines der großen Probleme nicht nur in der Zeit des Propheten Muhammad (s). Der Koran berichtet uns, dass z.B. auch der Gesandte Noah (a.s.) Schwierigkeiten mit seinen Mitmenschen in diesem Bezug hatte: „Gewiß, jedesmal, wenn ich sie aufrief, damit Du ihnen vergibst, steckten sie ihre Finger in ihre Ohren...“ (71:7). Der Prophet Muhammad (s) selbst hörte den Menschen hingegen stets zu, machte sich Gedanken über das Gehörte und handelte dann gemäß dem, was im Einklang mit dem Islam war. Seine Eigenschaft, dass er (s) - ohne Ausnahme- jedem zuhörte und jeden zu verstehen versuchte, wurde sogar als Anlass für Spott durch die Götzendiener Mekkas genommen. Aber Allah verteidigte nicht nur diese Handlungsweise des Propheten (s), sondern lobte ihn sogar dafür: „Unter ihnen gibt es diejenigen, die dem Propheten Leid zufügen und sagen: 'Er ist ein Ohr.' Sag: (Er ist) ein Ohr des Guten für euch...“ (9:61)

Die Glaubensverweigerer Mekkas verweigerten nicht nur den Glauben an Allah, dem Einen Einzigen, sondern auch das Zuhören und das Nachdenken über die Worte des Propheten (s) und die Worte Allahs, also den Koran. Aber auch ein Zuhören ohne Nachdenken und ohne eine Reflexion im Herzen, ist kein „Zuhören“ im eigentlichen Sinne. Denn die Worte gelangen zwar als Schallwellen ins Ohr und der Betreffende hört zwar formal zu, aber, da nicht über das Übermittelte nachgedacht wird, bleibt es eine „Formalie“ und ohne Nutzen: „Und unter ihnen gibt es manche, die dir zuhören. Kannst du aber die Tauben hören lassen, auch wenn sie nicht begreifen (wollen)?“ (10:42). Ein Zuhören ohne den Willen zum Verstehen, ist nach den Worten Allahs also kein wirkliches Zuhören.

Wie die Verständigen, also diejenigen mit Verstand -im Koran mit ulu'l al baab bezeichnet- vorgehen und welche Eigenschaften sie besitzen, macht uns Allah im folgenden Koranvers klar:

Diejenigen, die auf das Wort hören und dann dem Besten davon folgen. Diese sind es, die Allah rechtleitet, und diese sind diejenigen, die Verstand besitzen.“ (39: 18). Natürlich ist hier zuallererst das Wort Allahs gemeint, aber es ist nicht nur auschließlich darauf zu beziehen. Verständige und vernünftige Menschen sind allgemein die, die zuhören, über Worte nachsinnen und das Beste von diesen Worten nehmen und – wenn erfoderlich- sie in ihren Leben behrezigen. Und dies müsste doch auf die Gläubigen, die sich auf den Koran berufen, am ehesten zutreffen, oder?


Rüştü Aslandur, muslimehelfen

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